C.A.Wimmer
Gartenbücher in Stockholm
Zandera 18 (2003), Nr. 2, S.69-73

KSLA

In der Kungliga biblioteket, Sveriges nationalbibliotek (Königliche Bibliothek Nationalbibliothek Schwedens, http://www.kb.se ), – sie steht, gründerzeitlich behäbig, im Humlegården, einem Park im Zentrum von Stockholm –, versuchte Iris Lauterbach, das berühmte Buch Lustgarten von André Mollet (1652) einzusehen – leider vergeblich. Ihre Bestellung verschwand, ebenso die nächste und auch die übernächste. Niemand wußte von etwas. Auffindbar war Le Rouges Jardin Anglo-Chinois mit Anmerkungen König Gustavs III., die sich jedoch als ganz wenige und unbedeutende entpuppten. Auf weitere Versuche mußte aus Zeitgründen verzichtet werden, was sehr bedauerlich ist, hat doch die Königliche Bibliothek die ältesten und kostbarsten Gartenbücher Europas. Die Erfahrung aus Deutschland, daß eine Bibliothek, je größer sie ist, desto schwerfälliger arbeitet und desto weniger benutzbar ist, bestätigte sich leider dieses Mal auch in der Königlichen Bibliothek zu Stockholm.

Um so mehr Glück hatten Anusch Cutujian und C.A.Wimmer, die von Sylvia Borgmann in die Kungl. Skogs- och Lantbruksakademien (Königliche Forst- und Landwirtschaftsakademie, http://www.ksla.se ) geführt wurden, weil diese 1994 die Bibliothek besucht und in bester Erinnerung bewahrt hatte. Die Akademie befindet sich in einem denkmalgeschützten, neoklassizistischen kleinen Palais von 1867 in der Universitätsgegend am nördlichen Ende der Drottninggata. Gegründet wurde die Akademie bereits 1813 von Kronprinz Carl XIV. Johann, jenem von den Schweden zum König erkorenen französischen General, der ursprünglich Jean Baptiste Bernadotte hieß und auf den das noch heute regierende Königshaus zurückgeht. Die Bibliothek steht in der gleichen Tradition wie unsere Bibliothek und ist mithin als eine etwas ältere Schwester zu bezeichnen. Sie beeindruckt durch ihre lückenlose Unversehrtheit, hat sie keine Kriege erleben müssen und die Zeiten bei bester Pflege und Obhut überdauert.

Die ersten Mitglieder der Akademie ernannte der König persönlich, darunter den Botaniker Carl Peter Thunberg. Die Jahresversammlung findet wie beim Verein zur Beförderung des Gartenbaues in den königlich preußischen Staaten immer am Gründungstag statt, und der jeweilige König ist Schirmherr. Die Zeitschrift der Akademie erscheint seit Anbeginn. Die Mitteilungen des Berliner Vereins sind selbstverständlich komplett vorhanden, ebenso wie die Mitteilungen der Schleswig-holsteinischen landwirtschaftlichen Vereinigung.

Ein gedruckter Katalog enthält die Standardwerke der europäischen Gartenliteratur seit dem 17. Jahrhundert und z.B. unter Nr.6 Gartenschriften aus aller Welt. Seit 1832 erschien außerdem die erste schwedische Gartenzeitung, Svenska träd-gårds-föreningens Berättelse. Wir bemerken Le Jardinier françois (Amsterdam 1654), Jan van der Groens Holländischen Gärtner (Amsterdam 1669), Paul Crottendorfs Unterricht von Obst-Gärten (Leipzig 1700), ein Schreiben den chinesisch-englischen Garten zu Marienwerder ohnweit Hannover betreffend (Han-nover 1777), eine Übersetzung von Burgsdorfs Anleitung ins Dänische (1799), Estienne Calvels Buch über Obstpyramiden (Paris 1802), H. Storchs Brie-fe über den Garten Pawlowsk (St. Petersburg 1804), Die Kultur des Aka-zien-baums von Johann Christian Gotthard (Altona 1796), Bernhard Laubenders Neueste Beiträge zur Beförderung des Gartenbaues auf den Dörfern (Leipzig 1800), Thomas Andrew Knight über Ananaszucht (Ilmenau 1825), Ludwig Schochs Umrisse für Freunde der Gartenkunst (Dessau 1828), eine Übersetzung von Hermann Jägers Zimmergärtner ins Schwedische (Vinterflora, Gefle 1870).

Bibliothekar Joachim Siöcrona empfing die Angemeldeten persönlich und mit größter Freundlichkeit. Die Freude des Wiedersehens paarte sich mit der Anerkennung der zwischenzeitlichen Veröffentlichungen, die selbstverständlich in der Bibliothek ihren Platz gefunden hatten. Die zur Einsicht erbetenen, auch kostbarsten alten Werke wurden sogleich herausgesucht und vorgelegt. Obwohl Gartenbau nicht im Mittelpunkt der Erwerbungen steht, da Aufgabe der Akademie Fragen der aktuellen Land- und Forstwirtschaft sind, findet man neben der alten Literatur einen bedeutenden Bestand an neuzeitlichen Gartenbüchern, darunter so entlegenes Schrifttum wie C. A. Wimmers Bäume und Sträucher (2001), das sonst keine schwedische Bibliothek besitzt.

Ein Großteil des Bestandes der Bibliothek ist freihändig zugänglich. Gartenkunst und Gartengeschichte stehen jedoch in einem Magazin im Hause, ebenso die Rarabestände.

Zahlreich sind die schwedischen Werke über Gartenbau und Gartenkunst, von denen Besucher aus Deutschland normalerweise keine auch nur annähernde Vorstellung haben, da lediglich das oben erwähnte Buch von Mollet auch auf Deutsch erschien. Am Anfang steht Arwid Månsons Een mykit nyttig Örta Book (1628) und dessen Een Nyy Träägårdz-Book (Stockholm 1654), gefolgt von Johannes Palmbergs Swenske Örtekrantz (1684), Johann Ahlichs Swenska Lust- Örte- och Trädgård (1722) und G. T. Dahlmanns Den färdige Trägårdsmästaren (Stockholm 1728). Sehenswert möchten auch Anders Lissanders Anmärkningar vid Svenska Trägårdsskötseln (Stockholm 1768) und Anders Lundströms Handbok i Trägårdsskötseln (Stockholm 1830) sein, ganz zu schweigen von den Büchern des Jugendstil-Gartenkünstlers Rudolf Abelin wie dessen Hergårds-trädgården (Stockholm 1915).

Aus Zeitnot beschränkte sich C.A.Wimmer darauf, unter den schwedischen Werken nur Peter Lundbergs Then rätta Swenska Trägårds-Praxis (Westeräg 1754) einzusehen. Die Originalausgabe enthält Tafeln. Sie zeigen Gartengeräte, Obstspaliere, Gewächshäuser und Mistbeete sowie Entwürfe für einen Obstgarten, einen Hopfengarten und einen Lustgarten. Der Text behandelt in 6 Büchern 1. Gemüsebau, 2. Obst- und Weinbau, 3. Fruchtkonservierung, 4. Lustgärtenentwurf, Blumenbau mit Sortenlisten, 5. Orangeriekultur und Orangerie-pflanzen, 6. Hopfenbau. Ein Anhang enthält einen Arbeitskalender für Küchen-, Baum- und Lustgarten.

Im Buchhandel war auch eine Neuausgabe von Lundbergs Buch zu entdecken. Sie erschien irreführenderweise unter dem Namen des Herausgebers: Hans Mårtensson: Trädgårdspraxis år 1754. Kalmar 2002. – 144 S. : Ill. (ISBN 91-973529-7-7), die allerdings wissenschaftliche Ansprüchen nicht genügt.

An guten Neuerscheinungen der aufblühenden schwedischen Gartengeschichte seien empfohlen:

Ein umfangreiches Sortiment des schwedischen und englischen Buchhandels findet man im Akademibokhandeln ( http://www.akademiebokhandeln.se ) in der Regeringsgatan Ecke Mäster Samuelsgatan. Gegenüber in der Regeringsgatan 56 befindet sich ein modernes Antiquariat. Die Preise auch moderner Bücher schwanken in Schweden von Geschäft zu Geschäft.

Antiquariatssuchmaschine für Skandinavien

Das schwedische Forum för trädgårdshistorisk forskning gibt ein Bulletin heraus, die vor allem über Neuerscheinungen und Tagungen auf dem Gebiet der Gartengeschichte berichtet (E-Mail: asa.ahrland@raa.se ).